Von Andreas Hennings 12.04.2018, Marbacher-Zeitung
Fotos: Agentur Vista Rasch
Marbach – Bis zur Eröffnung im kommenden Herbst – ein genauer Termin steht noch nicht fest – ist es noch eine Weile hin. Der Erweiterungsbau des Tobias-Mayer-Museums in der Marbacher Altstadt nimmt aber bereits Form an: Zum einen ist die Gebäudefassade seit wenigen Tagen nicht mehr durch ein Gerüst verdeckt, zum anderen ist nun auch bekannt, wie die vier Etagen des Hauses und speziell auch der Museumsbereich eingerichtet werden. Gestern stellte Achmed Rasch von der Agentur Vista Rasch aus Leinfelden-Echterdingen, die auch das renommierte Astronomy Center in Mekka konzipiert hat, das Ausstellungskonzept für die geplante zweistöckige Dauerausstellung über die Person Tobias Mayer und sein Wirken als international bedeutender Astronom vor.
Deutlich macht Achmed Rasch, dass es den Besuchern dank der Multimedialenusstattung ermöglicht wird, die wissenschaftlichen Inhalte durch Bewegtbilder besser verstehen zu können. Dazu können die Gäste selbst aktiv werden, beispielsweise, indem sie mit einem Sextant Entfernungen ermitteln. Vom etwas staubigen Image, das der Begriff Museum mit sich bringt, soll im Tobias-Mayer-Museum jedenfalls nichts zu spüren sein. „Es geht um Bildung, aber auch ums Erlebnis“, sagt Rasch und spricht neudeutsch von „Edutainment“. Ansprechen soll das Angebot Menschen jeden Alters, vom Schüler bis zum Senior.
120 Quadratmeter beträgt die Ausstellungsfläche. Zum Vergleich: Im nun integrierten Tobias-Mayer-Geburtshaus waren es 18. Während das Untergeschoss Platz für Veranstaltungen und Wechselausstellungen bietet und im zweiten Obergeschoss in einer Bibliothek recherchiert werden kann, wird die Ausstellung im Erd- und im ersten Obergeschoss per Rundgang durchlaufen. Zu Beginn werden die Besucher ins 18. Jahrhundert versetzt, als Tobias Mayer eine Lösung fand, wie der Längengrad bestimmt werden kann. „Damals war die Schifffahrt sehr wichtig, und damit die Navigation“, sagt Rasch. Dieser besonderen Bedeutung sollen sich die Besucher bewusst werden. Zwischen den Exponaten bildet ein vier Meter breites Gemälde von Künstler Michael Fuchs, das den Lebensweg Mayers veranschaulicht (wir berichteten), den Mittelpunkt des Museums.
„Wir vom Tobias-Mayer-Verein sind froh, dass das Museum in dieser Form realisiert werden kann und dass wir hierfür Herrn Rasch gewinnen konnten“, meint Vereinsvorsitzender Armin Hüttermann und spricht von einem „Glücksfall ersten Ranges“. Besonders sei die Kombination aus dem „fantastischen Gebäude und der inhaltlichen Umsetzung“. Möglich wurde dies durch das Sponsoring von Riva-Geschäftsführer Hermann Püttmer. Auch Architekt Martin Webler, der den Bau verwirklichte, ist angetan: „Behandelt wird hier ein Thema, das auch heute von großer Bedeutung ist und das nie abgearbeitet sein wird. Mit Wechselausstellungen kann man dem gerecht werden.“
Beim Tobias-Mayer-Verein als Museumsträger läuft derweil die Planung. „Wir schauen gerade, wie wir das Museum auf ehrenamtlicher Basis bewirtschaften können“, sagt Armin Hüttermann. Auch die Öffnungszeiten stehen noch nicht fest. „Nachdem wir bislang aber nur sonntags drei Stunden geöffnet hatten, werden wir hier in eine neue Dimension vorstoßen.“
Kommentar
Ein Marbacher Traum
Von Andreas Hennings 12.04.2018 – 13:47 Uhr
Andreas Hennings Foto: MZ
Tobias Mayer war eine besondere Persönlichkeit: In seinem nur 39 Jahre währenden Leben schaffte er es, vom Bub aus ärmlichen Verhältnissen, der in einem Waisenhaus lebte, zu einem Uni-Professor und international angesehenen Astronomen, nach dem heute Straßen in Deutschland und ein Krater auf dem Mond benannt sind. In den USA würde man von einem wahrgewordenen „American Dream“ sprechen – hier ist es eben ein echter Marbacher Traum, der jetzt auch in angemessener Form aufgezeigt werden kann. Es ist ein Glücksfall, dass sich an Mayers Geburtshaus – dank der Hingabe des Tobias-Mayer-Vereins und der finanziellen Unterstützung von Riva-Chef Hermann Püttmer – die Möglichkeit für eine Erweiterung ergeben hat. Wer diese nach der Eröffnung betritt, wird große Augen machen. Nicht nur, weil sich das Museum nun über mehrere Etagen erstreckt und die Ausstellungsfläche von 18 auf 120 Quadratmeter angewachsen ist. Ins Auge stechen wird vor allem die moderne und teils lichtdurchflutete Architektur mit einer Innengestaltung, die einen Besuch zu einem Erlebnis machen dürfte. Das Konzept, das Achmed Rasch jetzt vorgestellt hat, erscheint schlüssig, die Illustrationen der Räume wecken bereits Vorfreude. Zudem fügt sich der moderne Bau – trotz manch anfänglicher Bedenken – auch optisch in die historische Altstadt ein. Glücklich schätzen darf sich die Stadt Marbach, die ihr kulturelles Portfolio erweitert und damit eine neue Zielgruppe erreichen kann. Denn nicht jeder Hobby-Astronom und -Mathematiker ist gleichzeitig begeisterter Literatur-Anhänger. Glücklich schätzen dürfen sich aber vor allem die künftigen Besucher: Sie werden die Möglichkeit haben, die Persönlichkeit Tobias Mayer und sein Wirken auf intensive Weise kennenzulernen.