Das Genkinger-Haus in Marbach ist fertig eingerichtet und mit sehenswerten Exponaten bestückt.
Christian Kempf, Marbacher-Zeitung vom 26.10.2020, Fotos: Werner Kuhnle
MARBACH. Es ist erst knapp drei Jahre her, da brauchte man schon viel Fantasie, um sich vorstellen zu können, dass aus dem Anwesen im Göckelhof 6 einmal ein kleiner Kunsttempel werden könnte. Der Putz bröckelte von den Wänden, die Treppen knarzten, der Zerfall grüßte aus allen Ecken und Enden des altehrwürdigen Gebäudeensembles. Doch im Laufe der vergangenen Monate ist das zunächst schier unmöglich Scheinende tatsächlich geglückt und der Komplex wurde zu einer neuen Attraktion im Herzen der Altstadt herausgeputzt: Das Fritz-Genkinger-Kunsthaus ist mittlerweile mit Werken des gleichnamigen Rielingshäusers bestückt und bereit für die Eröffnung.
Fritz Genkinger hat aus Schrotflinten Flöten gebaut und so ein verbindendes Element geschaffen.
Erstmals werden Besucher die Arbeiten des 2017 in Münsingen verstorbenen Kreativen am 14. November in Augenschein nehmen können. Ein Ereignis, das normalerweise gebührend gefeiert werden sollte. Doch coronabedingt sah der Freundeskreis Fritz Genkinger um seinen Marbacher Vorsitzenden Manfred Knappe von einer größeren Zeremonie ab. Zunächst jedenfalls. Sollte es die Lage zulassen, wolle man in zwölf Monaten auf das einjährige Bestehen anstoßen und damit quasi die Eröffnungsparty nachholen, vielleicht sogar im Rahmen eines ganzen Quartiersfestes, sagte Manfred Knappe. Das würde sich in der Tat anbieten, befindet sich doch beispielsweise das Tobias-Mayer-Museum gleich um die Ecke. Ein Umstand, der auch in Pandemie-Zeiten von Vorteil sein könnte. Denn Online-Anmeldungen werden für Besucher des Kunsthauses nicht möglich sein. Wer also vom 14. November an im Genkinger-Haus vorbeischauen möchte, muss unter Umständen ein bisschen warten, bis er in diese neuen, heiligen Marbacher Hallen eintreten darf. Um die Abstandsregeln wahren zu können, dürfen sich nämlich maximal 15 bis 20 Personen im Gebäude aufhalten, erklärt Knappe.
Und die Zeit bis zum Eintritt kann man sich dann eben mit einem Besuch im ebenso sehenswerten Tobias-Mayer-Museum verkürzen, mit dem sich der Genkinger-Freundeskreis bei den Öffnungszeiten abgestimmt hat.
Das Warten wird sich auf jeden Fall lohnen. Dem Team um Manfred Knappe ist mit dem Kunsthaus ein echter Coup gelungen. Im Erdgeschoss ist eine Dauerausstellung eingerichtet, in der zum Beispiel die Plakate zu bewundern sind, die Genkinger für die Fußball-WM 1974 kreiert hat und die ihn einer breiteren Öffentlichkeit bekannt machten. Herausragend sind zudem die Bilder zum VfB Stuttgart, in denen die Sportler mit ihren lang gestreckten und manchmal überdimensionierten Gliedmaßen wie graziöse Tänzer anmuten und auch wie in einer Choreografie angeordnet ihrer doch auf den ersten Blick so ruppigen Beschäftigung nachgehen. Ausgestellt sind aber auch bunte Werke, die sich mit Südamerika beschäftigen. Ein Kontinent, den Genkinger selbst bereist hat. Hinter Vitrinen, zu deren Erwerb nun ganz aktuell der Rotary-Club Backnang-Marbach mit einer Spende von 4200 Euro beigetragen hat, kann man überdies die Arbeiten aus Böttinger Marmor entdecken. Genkingers Liebe zur Musik wird ebenfalls überdeutlich. Ausgestellt ist ein Plattencover, das er entworfen hat, aber auch Flöten, die er teilweise sogar aus Schrotflinten gebaut hat. „Das war ihm ein ganz wichtiges Thema. Die Verwandlung vom Mordinstrument zum verbindenden Element“, erklärt Manfred Knappe.