Die Auseinandersetzung mit dem Problem der Bestimmung der geografischen Länge nimmt im Lebenswerk Tobias Mayers einen großen Raum ein. Mit Hilfe umfangreicher und fortschreitend präziser werdender Tabellen der Fixsternpositionen (Ephemeriden) und genauer astronomischer Uhren konnte man im 18. Jahrhundert auf Sternwarten den Längengrad exakt bestimmen. Auf Forschungsreisen und insbesondere in der Seefahrt konnte diese Methodik nicht angewendet werden.
Mayers Berechnung der Mondbahn und seine daraus resultierenden Mondtabellen erlaubten es erstmals, die schon zwei Jahrhunderte vorher beschriebene Mond-Distanz-Methode zur Ermittlung der geografischen Länge auch unabhängig von Sternwarten anzuwenden.
Wir haben uns vorgenommen, über eine praktische Erprobung dieses Verfahren und die damit verbundenen Probleme kennen zu lernen. Dabei hat sich seit dem 18. Jahrhundert vieles verändert. Monddistanztabellen werden nicht mehr gedruckt, die Ephemeridentafeln und die mobilen Messinstrumente wurden verbessert. Wir benutzen zu unseren Messungen moderne Sextanten, Theodolite und das Nautical Almanac der Marine. Zur Auswertung stützen wir uns auf experimentelle Grundlagen vom Ende des 19. Jahrhunderts.
Begonnen haben wir mit Messungen von Sonne-Mond-Distanzen. Als bevorzugten Ort dafür haben wir den Wasserbehälter am Ortsrand Marbachs ausgewählt, da es hier bei freier Sicht auf die Gestirne geringe atmosphärische Störungen durch Gebäude gibt. Eine zeitliche Einschränkung ergibt sich aus der Bedingung, dass Sonne und Mond gleichzeitig gut sichtbar sein müssen. Dies ist am Vormittag an den Tagen des abnehmenden Halbmonds und am Nachmittag an den Tagen des zunehmenden Halbmonds möglich. Im Übrigen dürfen Dunst oder Wolken die Sicht nicht behindern.
Dieses Jahr konnten wir am 24. Juni am Vormittag und am 9. Juli nachmittags Monddistanzen messen. Eine weitere Messung am 6. September konnte leider mit den Teilnehmern nur theoretisch betrachtet werden, das Wetter hat uns einen Streich gespielt.
Auch im Jahr 2020 wird uns das Thema Monddistanzen keine Ruhe lassen. Neben Messungen tagsüber im Sommer wollen wir im Frühjahr auch Messungen am Nachthimmel mit Distanzen zwischen Mond und Fixsternen oder Planeten versuchen. Mayer-Freunde sind eingeladen, sich an den Messungen und an der Auswertung der Ergebnisse zu beteiligen. Vorkenntnisse dazu sind nicht nötig.
Wolfgang Gaubatz