Marbacher-Zeitung 25.07.2018
Die Vermessung der Welt? War das nicht ein Film über Alexander von Humboldt? Was hat das mit Tobias Mayer zu tun? Um auf diese und andere Fragen Antworten zu finden, haben sich 29 Mitglieder des Tobias-Mayer-Vereins auf eine Studienreise in den Norden bis nach Cuxhaven begeben.
Aber der Reihe nach. Das Ganze begann in Duisburg auf den Spuren von Gerhard Mercator, der eigentlich Kremer hieß. Wissenschaftler haben damals gerne ihre Namen lateinisiert und so wurde aus Kremer Mercator. G. Mercator (1512 – 1592) war Hersteller der besten Globen seiner Zeit und ein erfolgreicher Kartenmacher. Er hat sich intensiv der Problemstellung gewidmet, wie eine Kugelform auf eine Karte übertragen werden kann und in diesem Zusammenhang die Zylinderprojektion entwickelt und für seine Karten verwendet. Erfreulich ist, dass im Rahmen der Erschließung eines neuen Wohngebietes im Zentrum von Duisburg, die Ruinen des Wohnhauses und der Werkstatt von G. Mercator entdeckt wurden. Wir stiegen hinab in den Keller und konnten uns mit Hilfe der Erklärungen des Stadtarcheologen ein Bild von den Ausmaßen und der Aufteilung dieses Hauses machen. Das Haus soll auf den ursprünglichen Grundmauern wieder aufgebaut werden und dann an G. Mercator erinnern. Das neue Wohngebiet heißt schon heute Mercatorviertel.
Der Besuch des Vermessungstechnischen Museums in Dortmund ließ insbesondere die Herzen unserer Geodäten höherschlagen. Aber auch für den interessierten Laien gab es viel zu entdecken. Wer macht sich schon bewusst, dass bereits im alten Ägypten Landvermessung betrieben wurde. Jedes Jahr nach den großen Überschwemmungen musste das Land neu vermessen werden und das mit erstaunlichen Methoden. Aber bei der Vermessung geht es nicht nur um Land- sondern auch um Erdvermessung. Genannt sei hier nur die Berechnung von Eratosthenes, der bereits um 250 vor Christus mit Hilfe der Sonne den Erdumfang bestimmt hat.
Am nächsten Tag ging es weiter nach Bremen, wo uns die Sternwarte Lilienthal erwartete, die 1782 von Johann Hieronymus Schröter gegründet worden ist. 1793 begann er mit dem Bau eines Riesenteleskops mit 8,25 m Brennweite. Schroeter hat mit Hilfe dieses Teleskops umfangreiche Beobachtungen des Mondes durchgeführt. Auf Basis der Mondkarten von Tobias Mayer fertigte er 43 Tafeln mit Abbildungen der Mondoberfläche. Das Teleskop ist allerdings bereits 1813 bei einem Großbrand zerstört worden. Das jetzt zu besichtigende 27-füßige Spiegelteleskop wurde auf Initiative des Astronomische Vereinigung Lilienthal erbaut und 2015 fertig gestellt.
Ebenfalls in Bremen erhielten wir einen Einblick in die Kunst der Globusherstellung im 19. Jahrhundert. Wir konnten nachempfinden, wie viel handwerkliches Geschick und Tüftelei notwendig waren, um unseren Mondglobus (zu besichtigen im Museum) mit den damaligen technischen Möglichkeiten herzustellen. Und an diesem Tag sollten wir auch der Lösung unserer Ausgangsfrage sehr nahe kommen. Der Hersteller unseres Mondglobus war auch an der Herstellung einer Kopie eines Astrolabiums beteiligt. Die Kopie wurde im Auftrag des ZDF von Gosch Möller (Goldschmied in Cuxhaven) hergestellt und in einer Dokumentation über Carsten Niebuhr benutzt. Heute kann diese Kopie in der Domgoldschmiede Möller in Cuxhaven besichtigt werden.
Um Bedeutung und Geschichte des Originals kennen zu lernen, begaben wir uns auf die Spuren von Carsten Niebuhr nach Cuxhaven in den Ortsteil Meldorf. Carsten Niebuhr (1733 – 1815) war wie Alexander von Humboldt ein „Vermesser der Welt“, allerdings nicht in Südamerika sondern in der arabischen Welt und circa 40 Jahre vor Humboldt. Für Carsten Niebuhr hatte Tobias Mayer speziell für diese Reise ein Astrolabium herstellen lassen, das dieser auf seiner Expedition (1761 – 1767) auch benutzte. Und dieses Astrolabium bildete die Grundlage für die Kopie, die für die Dokumentation hergestellt worden war. Man kann also (mit etwas gutem Willen) feststellen, dass Tobias Mayer an der Vermessung der Welt beteiligt war.
Die nächste Station auf unserer Reise war Schleswig und hier insbesondere Schloss Gottorf mit dem Gottorfer Globus. Interessant war zu erfahren, dass die Parkanlage die erste barocke Gartenanlage nördlich der Alpen war und während des 30-jährigen Krieges angelegt wurde. Der Gottorfer Globus entstand zwischen 1650 und 1664 und galt als Wunderwerk zeitgenössischer Handwerkskunst und Technik. Dieser über drei Meter große, begehbare Globus ist das erste Planetarium der Menschheit. Der heute zu besichtigende Globus ist ein Nachbau, der nach überlieferten Plänen im Jahre 2005 fertig gestellt wurde.
Die Fahrt zurück in den Süden führte uns über Hitzacker, wo wir den letzten noch lebenden Karten-Kupferstecher und seine Frau besuchten. Trotz seiner 90 Jahre beherrscht er diese Kunst noch immer. Ein Teil seiner Werkzeuge wird im neuen Tobias-Mayer-Museum zu besichtigen sein. Wir wünschen ihm Gesundheit und hoffen alle, dass er an der Eröffnung unseres Museums teilnehmen kann.
Mit vielen neuen Eindrücken und der Vorfreude auf die Museumseröffnung am 6. Oktober bleibt uns zum Schluss nur, allen Teilnehmern und insbesondere dem Organisator Armin Hüttermann für eine gelungene Fahrt zu danken.
Gudrun Erb, Tobias-Mayer-Verein