Farbschattierungen geben Rätsel auf

Square

Die Fassade sollte eigentlich in einem einheitlichen Ton erscheinen. Foto: Werner Kuhnle

Von Karin Götz, Marbacher Zeitung 15.05.2018

Das Interesse, fünf Monate vor der Eröffnung des neuen Tobias-Mayer-Museums einen Blick auf die Baustelle werfen zu können, ist groß. Beide Führungen von Armin Hüttermann, des Vorsitzenden des Tobias-Mayer-Vereins, die er am vergangenen Samstagnachmittag im Rahmen des Semesterprogrammes der Schiller-Volkshochschule gab, waren ausgebucht. Und am Ende der rund einstündigen Führungen kletterten die Teilnehmer mit Lächeln auf den Gesichtern über die steile Behelfstreppe aus dem Keller wieder heraus ins Sonnenlicht.

Keine Frage: Auch wenn das Innere des künftigen Museums noch eine Baustelle ist, lässt sich erahnen, welch Schmuckstück da im Herzen der Altstadt entsteht. Ein Schmuckstück, das auf gelungene Weise Tradition und Moderne miteinander verbindet.

Das zeigt sich allein beim Blick auf den Neubau, der für sich schon ein Hingucker ist. „Wir haben bewusst etwas Modernes an das alte Museum gesetzt“, erklärt Hüttermann den interessierten Zuhörern.

Eines der „pfiffigen Sachen“ an besagtem Neubau, weist Hüttermann hin, seien die sechseckigen Glasfenster im oberen Drittel der Hausfassade. Sie knüpften an das Farbdreieck der Mayerschen Farbenlehre an. „Im Farbdreieck gibt es ein solches Sechseck“, erklärt Hüttermann den Bezug. Nicht gewollt seien hingegen die gelblichen Farbschattierungen an der Fassade. Eigentlich sollte die verwendeten Ziegelsteine alle dieselbe Farbe haben. „Das Gelb ist vermutlich durch eine chemische Reaktion entstanden.“ Derzeit werde in Essen geprüft, was die Farbveränderung hervorgerufen hat. „Wir hoffen, dass die Fassade am Ende nach einer entsprechenden Behandlung der betroffenen Steine komplett in dem ganz hellen Farbton erscheint.“ Für die Fassade verwendet worden ist der durch das Diözesanmuseum in Köln berühmt gewordene Kolumba-Stein. Er wird nach einer alten Handwerkstradition hergestellt. Nach der Bearbeitung des Lehms werden die Steine in Holzformen von Hand gefertigt, getrocknet und gebrannt. Die Besucher finden die ungewollten Farbschattierungen nicht schlimm. Im Gegenteil. Einige meinen, sie würden die Fassade noch interessanter machen.

Der Zugang zum bisherigen Tobias-Mayer-Museum wird künftig nur noch als Notausgang beziehungsweise für Rollstuhlfahrer genutzt. Gleich neben dem neuen Haupteingang befinden sich Kasse und Shop. „Bisher haben wir keinen Eintritt verlangt, aber diesen Luxus können wir uns jetzt nicht mehr leisten“, kündigte Hüttermann an. Im Shop soll es dann unter anderem eine kleine Version des Mayerschen Mondglobus geben.

Bespielte die Ausstellung im alten Museum eine Fläche von 18 Quadratmetern, kommen durch das neue Gebäude rund 100 Quadratmeter dazu. Die ehemalige Werkstatt der Familie Mayer gleich zur Rechten des Haupteingangs soll der Person Tobias Mayer gewidmet werden. Auf einem großen Bildschirm erscheint ein kurzer Film über den Astronomen. Auf einer Glaswand wird ein von Mayer geschriebenes Sonett zu lesen sein – an der dazugehörigen Audiostation kann das Sonett dann auch abgespielt werden.

Der große Ausstellungsraum im Erdgeschoss ist den ersten Jahren des Wissenschaftlers gewidmet. Auch der mathematische Atlas wird im Original in einer Vitrine gezeigt. Als besonderes Gimmick werden die Museumsbesucher in besagtem Atlas aber auch virtuell blättern können. Darüber hinaus soll der Arbeitsplatz eines Kupferstechers eingerichtet sein, denn zu Mayers Zeit wurden die Karten in Kupfer gestochen, um sie drucken zu können. „Ich hoffe immer, dass es auch alles so kommt, wie ich es sage“, fügt Hüttermann mit einem Schmunzeln an.

Im ersten Obergeschoss spielt die Zeit Mayers in Göttingen die Hauptrolle. In einer kleinen Vitrine soll die Sternwarte nachgebildet werden, die nach seinem Ableben abgerissen wurde. „Diesen Raum wird der Mondglobus beherrschen.“ Und ein vier Meter breites Gemälde des Wiener Künstlers Michael Fuchs, das verschiedene Stationen des Astronomen zeigt.

Die dritte Etage soll Rückzugsort für interessierte Besucher sein. „Wir planen eine Bibliothek, Sitzgelegenheiten, eine kleine Küchenzeile und ein paar Computer-Arbeitsplätze“, sagt Armin Hüttermann, während die Teilnehmer der Führung den Blick von der Terrasse über die Dächer der Altstadt genießen.